![]() ![]() Dienstag, 17. Juli 2012 Wie konnte es dazu kommen, daß der Nürburgring in nur 5 Jahren in den Bankrott getrieben wird? Das Nürburgring Desaster wird sicher in die Geschichte eingehen, aber man kann jetzt schon - wo der Scherbenhaufen vor einem liegt - ein Resumee ziehen. Und ich mir den Frust von der Seele schreiben, denn rückblickend ist die Entwicklung entlarvend transparent.
Meiner Meinung nach war alle Argumentation Pro-Erlebnisregion von Anfang vorgeschoben und ich habe auch von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht. Natürlich bin ich traurig, daß das Desaster nicht verhindert werden konnte, ich persönlich habe mich ziemlich aufgerieben bei dem mißlungenen Versuch. Walter Kafitz war 15 Jahre lang Geschäftsführer am Nürburgring, ziemlich genauso lange wie Kurt Beck Ministerpräsident. Die beiden verstanden sich wohl auch ganz gut. Seitdem gab es kaum ein Jahr, in dem der Landesrechnungshof nicht auf die Verfehlungen in der Eifel aufmerksam gemacht hätte. Selbst die krassesten Fehlentscheidungen wurden gedeckelt und die Millionen sind nur so davongeflossen (Bikeworld, Rennfahrerschule, alte Erlebnisregion, altes Pressezentrum, sprunghafter Gehälteranstieg usw. usw.). Als Außenstehender hatte man den Eindruck, das dürfe mit politischer Rückendeckung beliebig die Kontrolle verlieren. Ende 2007 hat dann der Nürburgring Aufsichtsrat den Bau der Erlebnisregion genehmigt, dafür mußte natürlich erstmal großflächig abgerissen werden. Man hat private Investoren versprochen - der Gemeinde Nürburg sogar schriftlich zugesichert - die aber leider nie die Bühne betreten haben. Bis auf einen: Kai Richter. Und der wurde als der große Heilsbringer zelebriert, ein Mann mit enormer Projekterfahrung und erfolgreich sowieso. Und sowas von millionenschwer, wie es sich für einen anständigen Investor gehört. Was die Öffentlichkeit aber erst viel später erfahren sollte: dem guten Mann “sind die Kreditgeber abgesprungen” - sowas aber auch. Da muß man natürlich helfen, weil sonst ist das schöne Investormärchen ja dahin. Zumal es auch nur diesen Einzigen gab. Da traf es sich gut, daß der Ingolf Deubel nicht nur dem Nürburgring vorstand, sondern auch den rheinland-pfälzischen Finanzen. Über 85 Millionen Euro aus Landeskassen sollten es am Ende sein, die dem “Investor” Stück für Stück überwiesen wurden. Währenddessen wurde fleißig gebaut, natürlich ohne öffentliche Kontrolle, weil privat. Ausschreibung? Aber nicht doch. Und es entstanden Firmengeflechte, die mit ihrer Mehrdimensionalität schwer auf Papier zu bringen waren. Am Ende wurden aus den projektierten 215 Mio. Euro 330 und heute wissen wir, daß die wirkliche Zahl belastbar in der Nähe von 400 Millionen Euro liegt. Die WiWo listet aktuell 413 Mio. Euro Schulden für die Nürburgring GmbH, 2006 - also vor dem Bau - hatte sie 27 Mio. Euro Verbindlichkeiten bilanziert. Und was machen die Verantwortlichen? Fangen wir mal oben an, nach unten läßt sich fast beliebig fortsetzen und soviel Platz wollte ich dem Post hier dann doch nicht einräumen. Kurt Beck
Ingolf Deubel
Carsten Kühl
Jürgen Pföhler
Hermann-Josef Romes
Eveline Lemke
Die Vielen hier nichtgenannten
Mein hoffentlich gesunder Menschenverstand verurteilt die letzten 5 Jahre am Ring als kriminell, ob das durch Gerichte bestätigt wird oder nicht. Ein nicht wiederbringliches Erbe unserer Vorfahren wurde mit Füßen getreten und hoffnungslos in die Pleite geritten. Die Profiteure haben sich hemmungslos bedient und ihre politische Karriere oder den persönlichen Wohlstand gefördert. Was motiviert solche Leute zu diesen krassen Fehlentscheidungen? Ist es Skrupellosigkeit, Profitgier, Geltungsbedürfnis, Größenwahn, Realitätsverlust - oder vielleicht ein bisschen von allem? Oder sind sie einfach nur ganz banal überfordert? Der Aufsichtsrat hat nicht nur völlig versagt in der Kontrolle, sondern auch die katastrophale Entscheidung getroffen, die bestehenden Gebäude einzureißen und für 400 Mio Euro die Aussicht zuzubetonieren. Ausbaden darf nicht nur der Steuerzahler, sondern auch der gemeine Sportler, Motorsportfan und Nürburgring-Historiker, dem nicht nur die einmalige Sportstätte genommen wird, sondern der für die Hinrichtung durch langsames Ausbluten auch noch bezahlen muß. Die Leute, die sich gegen die Entwicklung gestemmt haben, sind so wenige, man kennt sich inzwischen persönlich. Die, die tatenlos zugesehen haben, und/oder sich die Taschen mal mehr - mal weniger - gefüllt haben ohne Rücksicht auf soziale und historische Verantwortung, ist leider ungleich größer. Auch sie sind bekannt, doch es schert sie wenig. Einige haben sich schon nach erfolgreichem Ausweiden des Nürburgrings anderen Tätigkeiten zugewendet, der Rest wird nachziehen. Und sich gegenseitig ein gutes Gewissen einreden: “wenn sie es nicht gemacht hätten, hätte es ein anderer gemacht.” Während dieser Epoche 2007 bis 2012 ist nicht nur mein Demokratieverständnis komplett auf den Kopf gestellt worden, auch haben viele Leute, die ich glaubte zu kennen, ihr wahres Gesicht offenbart. Es sind nicht nur die Handelnden verantwortlich. Die Nicht-Handelnden tragen ebenso große Schuld. Eingestehen wird es sich keiner von beiden. Neue renn.tv Einträge: ![]() ![]() |